Weinbehältnisse/Fässer
Gefäße für die Aufbewahrung von Wein und anderen alkoholischen Getränken waren immer der Zeit und den jeweiligen technischen Möglichkeiten angepasst. So wurde im Altertum Wein in „Schläuchen“ aus Tierdärmen oder in Tongefäßen aufbewahrt und war dadurch natürlich zeitlich nur sehr begrenzt haltbar. Erste Holzbehälter (ausgehöhlte Holzblöcke etc.) sind aus der Zeit um 1000 v Chr. bekannt, aus Dauben gefertigte Holzfässer sind höchstwahrscheinlich eine Erfindung der Kelten/Gallier. Erste schriftliche Hinweise dafür gibt es von den Römern - beispielsweise bei Plinius d.Ä.
Schon die Römer verwendeten für die Lagerung des Weins „Kühle Orte“, also Vorläufer unserer heutigen Weinkeller. Der Transport von Wein war vor der Verwendung von Holzfässern schwer möglich, eine erste Verwendung für den Transport über weitere Stecken wird wiederum den Kelten zugeschrieben, Griechen und Römer haben diese dann übernommen und diese Art von Fässern gibt es im Prinzip bis heute.
So fand man auch in Pompeji (79n.Chr. Vernichtung /Vulkanausbruch) dem Holzfass ähnliche Behälter. Es war damit auch der Transport auf Schiffen möglich und die geeignete Größe der Fässer für die damalige Verladetechnik war zwischen 200-250l, Eine Größenordnung die wir heute noch in den sogenannten Barrique-Fässern sehen. Dies ist zwar eine doppelte Nennung, da ja „barrique“(frz.) für sich schon Fass heißt, ein Barriquefass hieße somit FassFass, genauso wie Kichererbse (Kicher, lat. Cicer) würde wörtlich "ErbseErbse" bedeuten. Die Verwendung von Glas, anfangs noch „unbezahlbar“ und lange Zeit sehr teuer entwickelte sich aber durch Massenproduktion zum idealen Transport und Lagerbehältnis. Diese Entwicklung setzte nach dem 2.Weltkrieg ein und hat die Weinvermarktung natürlich von Grund auf verändert. Die Bedeutung von Glas kann man auch daran ersehen, dass heute noch bei manchen Weingütern die Aufschrift "Flaschenweine" als Verkaufsargument auf alten Tafeln geschrieben steht.
Erste Kellergassen in Österreich
Bis 1781 gab es in der Österreichisch/Ungarischen Monarchie kein freies Bauerntum, die Landwirtschaft war herrschaftliches Privileg und somit auch die Erzeugung und der Verkauf von Wein. Mit der Aufhebung der Leibeigenschaft 1781 durch Kaiser Josef II war erstmal ein freies Bauerntum möglich, wobei dazu gesagt werden muss, dass diese „Freiheit“ erst nach der Revolution 1848 auch in größerem Stil umgesetzt wurde.
Ein weiteres wichtiges Datum ist das Jahr 1784, genauer gesagt der 17. August 1784,
Kaiser Josef II. schuf die rechtliche Grundlage für (nach österr. Schreibweise) "Die Buschenschank". Durch eine Verordnung erteilte er die Erlaubnis für jedermann, die von ihm selbst erzeugten Lebensmittel, Wein und Obstmost, zu verkaufen oder auszuschenken. Anfangs war die Regelung noch sehr allgemein. Sie wurde nach und nach angepasst und wird heute von den Bundesländern geregelt.
Die Blütezeit der Kellergassen, so wie wir diese heute kennen, begann mit 1815, vorausgesetzt die Zehentrechte waren aufgehoben. Die zweite Welle begann 1850 nachdem die Bauern ihre Freiheit auch in größerem Ausmaß umsetzten konnten. Die „klassische“ -nach österreichischem Verständnis -Kellergasse findet man im Bereich eines Hohlwegs, einer Trift, oder einem ähnlichen Umfeld, kurz gesagt, dort wo das Gelände geeignet war wo die Bedingungen gut waren: Nähe zum Weingarten; Löss-leicht zu bearbeiten; keine Gefährdung durch Hochwasser/Grundwasser etc.
Geografische Verbreitung der Kellergassen
Geografisch gesehen findet sich diese Art der Keller hauptsächlich im Weinviertel in Niederösterreich. Weitere klassische Kellergassen, also in gassenförmiger oder straßenförmiger Form, findet man auch noch in den Weinbaugebieten des Waldviertels (Kamptal, Wachau, Kremstal etc.) Kellergassen findet man auch noch in den Weinbaugebieten des Burgenlands (hauptsächlich im Süd-Burgenland) und Südsteiermark.
Je nach der Örtlichkeit an dem sich eine Kellergasse befindet, gibt es dementsprechende Namensgebungen: Loamgrui; Loamgstetten; Schindergrui; Köllagstettn; Trift; Köllaberi usw.
In Niederösterreich gibt es über 1000 Kellergassen mit ca. 37.000Kellern
(Quelle: AGRAR Plus Akademie)
Blütezeit
Im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Blütezeit der Kellergassen. Es entwickelte sich ein ganz spezielles Brauchtum, nicht nur an den heißen Sommertagen, sondern auch für gemütliche Winterabende, an denen die als angenehm warm empfundenen Keller für Zusammenkünfte genutzt wurden. Mit entscheidend dafür war auch die Tatsache, dass die Weinproduktion in der Kellergasse stattfand der Weinverkauf natürlich vom Fass her erfolgte. Dadurch entstand im Umfeld der Kellergasse geprägt von Weinbauern, Wirten und Händlern auch ein ganz spezielles Kellerritual. In dieser Zeit war auch die tägliche Kellerstunde am Abend ein fixer Bestandteil des Alltags, wobei der Begriff „Stunde“ durchaus dehnbar war. Man könnte die Kellergassen als den Szenetreff dieser Zeit bezeichnen. Es gab Martinifeiern, am Ostermontag in d´Grean gehen, Familienfeiern und Festlichkeiten aller Art, zum Teil gab es sogar Kegelbahnen für den Zeitvertreib.
Durch die Veränderungen im Bereich der Weinerzeugung und der Weinvermarktung änderte sich auch die Bedeutung der Kellergassen. Die Weinerzeugung findet heute nicht mehr in den Kellergassen statt, es wurden neue Betriebsstätten geschaffen, die Nähe zum Weingarten war nicht mehr Bedingung, der technische Aufwand und die Maschinen erforderten neue bauliche Voraussetzungen. Der Verkauf von Wein wurde nach und nach auf Flaschen umgestellt, auch dafür benötigt man Maschinen und Anlagen, die in der Kellergasse natürlich nicht gegeben waren. Auch die vermehrte Mobilität der Menschen durch das Auto und anderen Verkehrsmitteln so wie die Ansprüche betreffend Unterhaltung veränderten sich zunehmend und die Kellergasse geriet ein wenig in Vergessenheit. Umso lobenswerter ist es, dass die Kellergassen als Kulturgut erkannt wurden und auch ihre Erhaltung mit öffentlichen unterstützt wird.
Zukunft der Kellergassen
Nehmen wir das Sprichwort „IN DER RUHE LIEGT DIE KRAFT“ her, dann sind die Kellergassen
die perfekte Umsetzung davon. Eine Kellergasse bringt nichts aus der Ruhe, mit ruhiger Hand und großer Gelassenheit durchschreitet sie ruhige und auch etwas unruhigere Zeiten wissend, dass es immer Bedarf an Gemütlichkeit und Wein gegeben hat und auch in Zukunft geben wird. Die Welt im 21. Jahrhundert ist sehr laut geworden, sehr informationsintensiv, sehr konsumorientiert, alle Bereiche des Lebens sind von Messbarkeit und Geschwindigkeit geprägt so dass die Kellergassen fast ein wenig anachronistisch wirken.
In aller Stille hat sich jedoch Schritt für Schritt eine Entdeckung und Wertschätzung dieses einzigartigen Kulturguts entwickelt. Auch die „Bewohner“ der Dörfer ohne Rauchfang, wie die Kellergassen gerne bezeichnet werden, entwickeln ein steigendes Selbstbewusstsein und sind mehr und mehr stolz auf ihre Keller, Platzln, Gassen usw. Und der Bedarf an Zeitmaschinen, wie die Kellergassen sie in perfekter Weise verkörpern, wird noch stark ansteigen.
Jeder der einmal in eine Kellergasse spaziert ist und einen Keller betreten hat oder sich auf eine Bank davorgesetzt hat weiß, der Puls wird langsamer, die Stimme etwas gedämpfter und bedächtiger, die Gedanken rasen nicht mehr durch den Kopf, nein sie beginnen zu flanieren, mit einem Wort die Zeitmaschine Kellergasse hat einen eingesponnen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen wo Geschichten erzählt werden, Pläne geschmiedet werden oder einfach vor sich hingeträumt wird.